Sauter und Schäffler informieren sich über Kraftwerk Land und Smart Farming

Fünf Männer im Gespräch
Landwirt Tillmann Vetter erläutert den FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler und Christian Sauter sowie TH OWL-Präsident Professor Dr. Jürgen Krahl und Professor Dr. Burkhard Wrenger (v. r.) anhand seiner Spritze die Möglichkeiten des Einsatzes von Satellitenbildern und digitaler Technik, um Pflanzenschutz- und Düngemittel punktuell auf den Acker aufzutragen.

Die FDP-Bundestagsabgeordneten Christian Sauter (Extertal) und Frank Schäffler (Bünde) haben sich nach einem Besuch des von der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (THOWL) betriebenen Kraftwerk Land einmal mehr erstaunt über die Fähigkeiten der Hochschule für angewandte Wissenschaft gezeigt.

Neben dem Kraftwerk Land am Innovationszentrum des Kreises im Dörentruper Ortsteil Wendlinghausen besuchten die Bundespolitiker auch noch den landwirtschaftlichen Betrieb von Tillmann Vetter in der Domäne Breda 1 in Kirchheide. Er ist einer von mehr als 60 Betrieben in Ostwestfalen-Lippe, die sich an dem von Professor Dr. Burkhard Wrenger betreuten Projekt „Mobile SmartFarmOWL“ im Rahmen des Studiengangs „Precision Farming“ beteiligen.

Im Kraftwerk Land erläuterten Projektleiter Timo Bröker (rechts vorn) und Projektmitarbeiter Hauke Hering (links vorn) den FDP-Bundestagsabgeordneten Christian Sauter (rechts) und Frank Schäffler (links) die Funktionsweise der einzelnen Komponenten. Hier im Bild sieht man das Biokraftwerk, in dem Mikroben CO2 und Wasserstoff in Methan verwandeln, das dann weiter genutzt werden kann.

Im Innovationszentrum erläuterte Projektleiter Timo Broeker und Projektmitarbeiter Hauke Hering den Gästen im Beisein von Hochschul-Präsident Professor Dr. Jürgen Krahl die Idee und Funktionsweise des Kraftwerks Land. Besonders angetan waren beide von der Ankündigung, in einer weiteren Ausbaustufe mit dem hier gewonnenen Methan eine Fahrzeugflotte zu betanken. „Hier wäre etwa ein Pflegedienst oder Stadtbusbetreiber denkbar, der so seine Flotte auftankt“, so Broeker.

An diesem Punkt wurde allen Beteiligten auch die thematische Vernetzung des Projektes „Modellregion postfossile Mobilität“ mit dem Kraftwerk Land deutlich. Sauter und Schäffler hatten sich nach ihrem Besuch im Sommer vergangenen Jahres dafür eingesetzt, dass besagtes Projekt mit 18 Millionen Euro vom Bundesverkehrsministerium gefördert wird. Bei dem Projekt soll es darum gehen, neben Elektroantrieben auch weitere klimaneutrale Antriebe zu testen.

Bereits die Beschreibung der Projektstruktur des Kraftwerkes Land zeigte die Vielschichtigkeit, aber auch die Perspektiven der Nutzung grüner Energie im ländlichen Raum. So könnte Biogas aus den vorhandenen landwirtschaftlichen Anlagen mit durch Windkraft und Photovoltaik gewonnenem Wasserstoff zu grünem Erdgas weiterverarbeitet werden. Dies könne schließlich nach einer entsprechenden Aufbereitung in Nahversorgungsnetze eingespeist oder als klimafreundlicher Kraftstoff genutzt werden. Auch die Produktion von Methanol ist möglich. Dies könnte sogar in den Verbrennermotoren der jetzigen Fahrzeugflotte genutzt werden.

Bei einer solchen Kombination könne zusätzlich die Biodiversität durch den Ersatz von etwa 30 Prozent des momentan in den Biogasanlagen benötigten Mais durch Energieblühpflanzen erhöht werden. „Am Ende ist es aber auch ein betriebswirtschaftliches Rechenexempel. Ein Betreiber, der sich einen Erdgasbus kauft, bezahlt dafür 160.000 bis 170.000 Euro. Ein Elektrobus kostet etwa 400.000 Euro, ein mit Wasserstoff betriebenes Fahrzeug 650.000 Euro. Und insgesamt ist die CO2-Reduzierung durch ein solches klimaneutrales Kraftwerk wie hier deutlich größer, als dies mit Strom beim aktuellen Strommix möglich wäre“, so Broeker.

TH OWL-Präsident Krahl formulierte darauf aufbauend sogar eine Geschäftsidee: „Strom aus Photovoltaik und Windkraft fallen ja zu unterschiedlichen Zeiten an. Wir könnten mit dem gewonnenen grünen Strom auch austauschbare Fahrzeugakkus anbieten, die wir immer dann aufladen, wenn der Strom am günstigsten ist. Gerade für den ländlichen Raum, aber durchaus auch für Metropolen könnte das ein Business-Case sein“, so Krahl weiter, der gegenüber den beiden Bundestagsabgeordneten noch darauf hinwies, dass viele Prozesse im Kraftwerk Land über den vorhandenen digitalen Zwilling optimiert und skaliert werden könnten.

Auf dem Hof von Tillmann Vetter in Kirchheide informierten sich Sauter und Schäffler anschließend über die Einsatzmöglichkeiten moderner digitaler Technik in der Landwirtschaft. Dabei nutzte Landwirt Vetter die Chance, auch grundsätzlich auf die Problematik seiner Branche aufmerksam zu machen. Flächenstilllegungen, ideologisch geprägte und wenig sachbezogene Entscheidungen über den Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln sowie die überbordende Bürokratie machten ihm das Leben schwer.

Der Landwirt betreibt schwerpunktmäßig Schweinemast und bewirtschaftet für eine möglichst starke Eigenversorgung dazu landwirtschaftliche Nutzflächen mit einer erheblichen Fruchtdiversität. „Aber wir hängen eben auch an der weltweiten Agrarpolitik. Zur Corona-Zeit hat man für ein ausgewachsenes Schwein nicht mal das beikommen, was ein Ferkel gekostet hat“, so Vetter. Dann seien durch den Ukraine-Krieg auch noch die Getreidepreise in die Höhe gegangen, die seit Dezember wieder stark zurückgehen. Die Spanier, die das Zentrum der europäischen Schweineproduktion bilden, würden jetzt die Ferkel aufkaufen und das Schweinefleisch zu Billigstpreisen auf den deutschen Markt werfen.

Professor Dr. Burkhard Wrenger ergänzte, dass die Schweine in Spanien unter schwierigsten Bedingungen gehalten würden, etwa in extrem engen Ställen bei 35 Grad Hitze. Gleichzeitig würden die Bestimmungen in Deutschland immer weiter verschärft. „Die Konsequenz ist, dass die Schweineproduktion in Deutschland stark zurückgeht. Im vergangenen Jahr ist in Deutschland sind die Schweineschlachtungen in einer Woche von einer Million Schweine auf 700.000 zurückgegangen und werden auf 600000 weiter fallen. Ein Minus um 40 Prozent „Wir haben im Ergebnis jetzt hier riesige Stallkapazitäten, aber die stehen praktisch leer“, so Vetter.

Auch beim Getreide hänge er an der weltweiten Agrarpolitik. „Die Ukrainer und Russen hatten im vergangenen Jahr eine Rekordernte, im nächsten Jahr wird das anders sein. Die ukrainische Ernte wird durch die verminten Felder schlecht ausfallen, die russische Ernte durch Witterungseinflüsse. Auch in Frankreich herrscht weiter Trockenheit, dort wird es auch keine gute Ernte geben. Wir hier in Deutschland haben da Glück, aber wir können durch den staatlich verordneten Flächenverlust einfach nicht genügend produzieren“, so Vetter weiter.

Die Digitalisierung der Landwirtschaft bringe hier immerhin weitere Effizienz. Mit seiner modernen Spritze könne er theoretisch jede einzelne Düse des 27 Meter langen Arms einzeln steuern. Allerdings brauche es dafür noch zu viele Rechnerleistung. Aber er könne Satellitenfotos nutzen, die ihm zeigten, wo mehr und wo weniger Dünger oder Pflanzenschutz aufgetragen werden müsse. Insgesamt habe er durch modernes Gerät und die bisherige Digitalisierung bis zu 18 Prozent an Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln einsparen können, so Vetter. „Und hier kann auch die Drohne helfen, wenn die Situation über die Satellitenbilder nicht genau eingeschätzt werden kann“, ergänzte Wrenger. Das Ergebnis sei in diesem Fall zwar nicht eine weitere Einsparung der aufgetragenen Mittel, dafür aber eine Erhöhung des Ertrages.

Allerdings verwies Landwirt Vetter auch auf ein Problem bei der Digitalisierung der Landwirtschaft: „Je mehr wir uns technisieren, umso schwieriger wird es für uns, Mitarbeiter zu bekommen. Auch können sich kleinere Betriebe die Möglichkeiten einer solchen Digitalisierung gar nicht leisten.“ Und ein weiterer Engpass wurde deutlich: Ohne eine leistungsfähige Mobilfunkabdeckung, die auch die Übertragung von Daten ermöglicht, ist eine effektive, sich auf Digitalisierung stützende Landwirtschaft heute kaum umsetzbar.

Die Bundestagsabgeordneten Cristian Sauter und Frank Schäffler regten an, die Zukunft der Landwirtschaft mit der aktuellen sicherheitspolitischen Debatte zu verknüpfen. „Wir sagen in der Sicherheitspolitik ja auch, dass wir wieder autarker werden müssen. Das gilt für die Landwirtschaft auch“, so Sauter. Insgesamt zeigten sich beide vom Innovationspotenzial der TH OWL beeindruckt. „Alle Energieträger und –verarbeitunsmöglichkeiten im Verbund zu sehen ist zukunftsweisend. Es zeigt sich einmal mehr, welch eine leistungsstarke Hochschule, die in die Region und in den Mittelstand strahlt, wir doch haben“, so Schäfflers Fazit des Besuchstages.

Sein Fraktionskollege Sauter ergänzte: „Es ist gut, dass wir am Innovationszentrum in Dörentrup alle Möglichkeiten der Energiegewinnung für den ländlichen Raum betrachten und auch testen. Sowohl die dezentrale Produktion von alternativen, klimaneutralen Kraftstoffen, als auch die weitere Digitalisierung der Landwirtschaft sind Themen des ländlichen Raums. Um Umweltschutz gerade in der Landwirtschaft betriebssicher gestalten zu können, bedarf es aber auch einer entsprechenden Datenanbindung gerade im ländlichen Raum“, so Sauter.

Fotos: TH OWL

nach oben