Vom virtuellen Modell zum eigenen Wohnmobil

Wohnmobil in den Dünen
Fahrspaß für Outdoor-Profis mit dem selbstgebauten Wohnmobil.

Ab dem Wintersemester bietet die Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe den Hightech-Studiengang „Virtuelle Produktentwicklung“ an. Im Zentrum steht die digitale Konstruktion von Prototypen für alle Arten von Produkten. Prof. Andreas Paa macht vor wie es geht: Er hat mithilfe moderner Computersimulation ein Wohnmobil gebaut „Immer da wo der Spaß anfängt, hört der Asphalt auf“, Andreas Paa ist Professor am Fachbereich Maschinenbau und Mechatronik der TH OWL und ein echter Outdoor-Profi. Als ihre Kinder noch nicht auf der Welt waren, haben er und seine eine Frau das Zelt in den Rucksack gepackt und ein Flugticket gekauft. Nach der Geburt der ersten Tochter ist die junge Familie zwei Monate durch die norwegische Hochebene gewandert. Um mit ihren inzwischen zwei Töchtern bequem reisen zu können, hat Paa sich ein echtes Unikat gebaut, ein Wohnmobil mit Allrad-Antrieb.

„Gerade wenn man an Touren in Canada oder im Ostblock denkt, dann führen die zum Großteil über unbefestigte Straßen.“ Die Kosten für ein Allradfahrzeug liegen aber im sechsstelligen Bereich. Die Lösung: Selber bauen. In etwa 2000 Planungsstunden ist zunächst ein rein virtuelles Fahrzeug entstanden. Das detaillierte 3D-Modell bietet die Möglichkeit, alle Funktionen am Rechner zu überprüfen. Die Simulation liefert auch die Maße und Konturen für einzelne Spezial-Bauteile, die dann gefertigt werden können. Im Digitalen Zwilling seines Wohnmobils kann Paa sich bewegen wie im echten Fahrzeug. Er kann prüfen, wo die Beleuchtung Schatten wirft und ob die Heizung auch bei zweistelligen Minusgraden noch ausreichend wärmt. „Im Idealfall sind alle Schwächen des Produktes schon am virtuellen Modell entdeckt, bevor man in die teure Produktion des realen Prototyps oder Produktes einsteigt, das ist besonders für kleine und mittelständische Unternehmen interessant“, sagt Paa.

Spannungen an einer Antriebswelle in der Computersimulation.

Im Studiengang „Virtuelle Produktentwicklung“ machen Paa und seine Kollegen die Studierenden schon in den ersten Semestern mit der Konstruktion am Computer vertraut. Computer-Aided-Engineering (CAE) heißt das in der Fachsprache. Am liebsten an konkreten Projekten: „Rund 80 Prozent der Abschlussarbeiten an unserem Fachbereich entstehen in Zusammenarbeit mit Unternehmen, die konkrete Produkte und Maschinen gemeinsam mit uns entwickeln“, sagt Prof. Dr. Ing. Andreas Breuer, der den Studiengang „Virtuelle Produktentwicklung“ leitet. In vielen Unternehmen entstehen bisher nur die Konstruktionszeichnungen am Rechner. Die Tests, ob das Produkt unter realen Bedingungen funktioniert, werden aber noch an einem realen Prototypen gemacht. Im Studiengang „Virtuelle Produktentwicklung“ gehen Lehrende und Studierende einen Schritt weiter und testen am digitalen Zwilling des Produktes, wie er sich unter verschiedenen simulierten Bedingungen verhält. „So bricht die Antriebswelle nicht beim teuren Prototyp sondern am virtuellen Modell. Das kann enorme Kosten sparen“, erklärt Breuer.

Das Studium kombiniert die Grundlagen des klassischen Maschinenbaus mit anwendungsbezogener Informatik sowie Simulationstechnik. Damit sind die Studierenden gefragte Kandidaten für die Entwicklungsabteilungen und Konstruktionsteams großer wie kleiner und mittelständischer Unternehmen. Der Bachelorstudiengang „Virtuelle Produktentwicklung“ dauert sechs Semester und startet ab dem Wintersemester 2020/21.

Fotos: th-owl

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